Große Belastung, aber ein Muss für Unternehmen
11. November 2024
Ab 1. Januar 2025 greift die EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung auch für viele mittelständische Unternehmen. Auf der zweiten Nachhaltigkeitskonferenz der Best Business Association (BBA) konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu auf den neuesten Stand bringen.
Bald wird es ernst: Ab dem Geschäftsjahr 2025 müssen auch mittelständische Unternehmen, die zum Kreis der großen Kapitalgesellschaften gehören, einen Nachhaltigkeitsbericht nach den so genannten ESRS-Standards (European Sustainability Reporting Standards) erstellen. Wie man dabei am besten vorgeht, worauf Banken und Wirtschaftsprüfer achten und welche Best Practice Beispiele es bereits gibt – all dies war Gegenstand der zweiten Nachhaltigkeitskonferenz der BBA, die am 4. November 2024 auf dem Betriebsgelände der Pfaffinger Bau SE in Passau stattfand. „Ziel war es, alles aktuell Wissenswerte rund ums Thema kompakt zu vermitteln“, erklärt Andreas Schwarzhuber, Projektleiter und Initiator der BBA-Nachhaltigkeitskonferenz. „Klar ist, die EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie CSRD ist Pflicht, sich darauf einzustellen für die Unternehmen daher ein Muss“, sagt Rudi Fellner, Präsident der Best Business Association (BBA) e.V., des bekannten grenzüberschreitenden Unternehmernetzwerks im Dreiländereck Deutschland, Österreich, Tschechien.
Zum Einstieg stellte Michael Häring, Vorstand der Pfaffinger Bau SE, die Nachhaltigkeitsstrategie des Gastgebers vor, der bereits seit 1855 existiert und in fünfter Generation geführt wird. Christoph Pelger von der Universität Passau brachte alle Teilnehmenden auf den neuesten Stand, wie es um die Umsetzung der EU-CSRD-Richtlinie in nationales Recht steht. Er erinnerte daran, dass die CSRD im Jahr 2022 nicht nur einstimmig im Europäischen Rat, sondern auch mit einer überragenden Mehrheit im Europäischen Parlament verabschiedet worden war. „Wenn jetzt Politiker fordern, die CSRD-Umsetzung auszusetzen, ist das purer Populismus und der Show-Ecke zuzuweisen“, so Pelger.
Eigentlich hätten die EU-Staaten mit der Umsetzung in nationales Recht bereits per 6. Juli 2024 fertig sein sollen. Während Österreich damit noch nicht einmal begonnen habe, sei Deutschland auf dem Weg. Für die großen Kapitalgesellschaften, die ab dem Geschäftsjahr 2025 berichtspflichtig sind, werde es noch beizeiten Rechtssicherheit geben, zeigte sich Pelger überzeugt. Deutschland strebe weitgehend eine Eins-zu-Eins-Übernahme der Richtlinie an und werde die Wahlrechte für die Unternehmen möglichst ausreizen. Klar ist: Der Nachhaltigkeitsbericht wird künftig ein großer Bestandteil des Lageberichts ein und muss von Wirtschaftsprüfern testiert werden. Für Geschäftsjahre ab 2026 muss er maschinenlesbar sein. Der Nachhaltigkeitsbericht nach CSRD wird künftig die Berichtspflicht nach dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ersetzen.
Die Kosten für die Unternehmen, die ihnen durch die CSRD-Berichterstattung entstehen, nannte Pelger „beträchtlich“. Im Durchschnitt koste die Einführung laut Umsetzungs-Gesetzesentwurf der Bundesregierung rund 80 000 Euro, hinzu kämen jährliche Berichtskosten von im Schnitt 180 000 Euro. Einiges spreche dafür, dass diese Werte noch zu niedrig gegriffen seien. „Die Politik hat zu spät erkannt, dass das eine große Belastung für die Unternehmen ist“, so Pelger. Vor allem die Ausstrahlungseffekte auf Unternehmen, die eigentlich außerhalb des Anwenderkreises der CSRD liegen, seien bei den Kosten noch gar nicht einkalkuliert.
Wirtschaftsprüfer Andreas Mühleis stellte die EU-Taxonomie-Verordnung im Detail vor. Stephanie Nettel von der Dekra Certification GmbH zeigte auf, dass die Ermittlung und unabhängige Überprüfung des CO2-Fußabdrucks eines Unternehmens dazu beitragen könne, Greenwashing zu verhindern sowie Transparenz und Vertrauen zu schaffen. Alexander Stauffer von der Sparkasse Oberösterreich stellte dar, wie die Banken künftig Nachhaltigkeitskriterien bei der Kreditvergabe prüfen. Ein zentraler Prüfstein sei die Frage, wie stark Unternehmen künftig zur Dekarbonisierung der Wirtschaft im Vergleich zu anderen Unternehmen ihrer Branche beitragen. Es könne dazu kommen, dass manche Firmen höhere Risikoaufschläge auf Kredite zahlen müssten – oder im Extremfall keine Kredite mehr bekämen, wenn klar werde, dass sie die nachhaltige Transformation nicht schafften. „Nachhaltigkeitskompetenz wird zur Finanzkompetenz, das müssen die Unternehmen lernen“, so Stauffer. Josef Baumüller von der Technischen Universität Wien gab einen humorvollen Einblick in die erste Berichtssaison 2024, die bisher nur die börsennotierten Kapitalgesellschaften betroffen hat. Er betonte, dass die europäische Nachhaltigkeitsberichterstattung anderen Rechtsordnungen als Vorbild diene: „So wie sie Hallstatt kopieren, ahmen die Chinesen auch unsere Nachhaltigkeitsberichterstattung nach.“
Im Praxisteil stellte Adela Lankl von der Karl Bachl Unternehmensgruppe vor, wie das Unternehmen bei der doppelten Wesentlichkeitsanalyse von finanzieller und nachhaltiger Wesentlichkeit vorgegangen ist. „Es gibt dafür keine Musterlösung, denn jedes Unternehmen ist unterschiedlich“, lautete ihr Fazit. Obwohl das Unternehmen eigentlich erst im Jahr 2026 für 2025 berichten müsste, will es ein Jahr früher dran sein, um zu proben und „um gut vorbereitet zu sein“, so Lankl. Marlis Zöhrer vom Aluminiumverarbeiter AMAG begründete in ihrem Vortrag, warum Nachhaltigkeitsmanagement innovationsfreundlich sei. „Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der strategischen Verankerung von Nachhaltigkeit im Unternehmen und in der Unternehmenskultur.“